Nach dem "Schwarzbuch Lidl" wird es wohl bald auch Zeit für ein "Schwarzbuch Aldi". Denn die Arbeitsbedingungen beim Discounter sind alles andere als angenehm.
Aldi? Dazu fallen den meisten einige Dinge ein: billige Preise, Konkurrent von Lidl, gutes Personal und noch viel mehr, würde man auf der Straße nach Antworten suchen. Unter denjenigen, die einen Job suchen, würde vielleicht noch der Stichpunkt "gut bezahlt", oder "freundliches Arbeitsklima" auftauchen. Doch genau das Gegenteil ist der Fall, wie Romy Büssow nun am eigenen Leib erfahren musste.
Die ehemalige "Verkaufstellen Verwaltungsanwärterin" hatte sich vermehrt über Druck seitens ihrer Vorgesetzten und ihrer Kollegen beschwert. Auch seien ihre Überstunden nie bezahlt worden und bei Krankmeldungen soll ihr Chef am Telefon "sehr laut geworden sein". In einem Fall hatte sie von ihrem Arzt eine Krankmeldung über längere Zeit geschrieben bekommen. Er hatte bei ihr ein Karpaltunnelsyndrom festgestellt - eine Krankheit, die einen Nerv an der handwurzel einklemmt. Sie wurde zu einem Handchirurgen überwiesen. Wegen massiven Drucks von der Spitze habe sie jedoch auf eine Krankmeldung verzichtet, sagt sie. Jedoch wurden die Schmerzen Mitte November unerträglich, außerdem konnte sie Daumen und Zeigefinger nicht mehr spüren. Ihr Arzt riet ihr dringends zu einer Operation. Dies hätte jedoch einen längerfristigen Ausfall bedeutet. Am Telefon hätte ihr Chef kein Verständnis gezeigt und wäre laut geworden, sagte Büssow. Doch obwohl sie bis zum jahresende krankgeschrieben war, musste sie trotzdem arbeiten. Sogar fast vollzeit. Und das unbezahlt. Ihre Arbeitszeit wurde nicht erfasst, weil ihr Vorgesetzter die Arbeitszeiten auf einem Notizblock aufschrieb. Seitens Aldie hieß es, sie wäre nur "insgesamt höchstens 10 Stunden eingesetzt worden." Auch fingen Mitarbeiter auf Anweisung der Vorgesetzten an, ihr negative Rückmeldugen zu geben. Als sich Büssow darüber beschwert hatte, bekam sie bizarren Besuch dreier Vorgesetzter, die sie unter Druck setzten, ihre Selbstkündigung zu schreiben. Erst am nächsten Tag realisierte sie das und reichte eine Klage ein. Das Arbeitsgericht wieß ihre Klage zurück. Sie habe keine Zeugen, hieß es.
Ein Einzelfall? Aldi weißt alle Vorwüfe von sich. "In unserem Unternehmen wird
nämlich nicht gemobbt", hieß es aus der Aldi-Nord Zentrale in Essen.
Doch das ist ganz gewiss kein Einzelfall. Eine Komissionskontrolleurin aus Berlin wurde im April zu einem Aufhebungsvertrag gedrängt. Wenn sie nicht einwillige, werde "die Sache durch mehere Abmahnungen geregelt".
Mit Hilfe seitens der Betriebsräte und Gewerkschaften ist nicht zu rechnen, da die einzige Gewerkschaft - wenn es in einem Betrieb überhaupt eine gibt - ist die AUB, die ihr Gründer Wilhelm Schelsky Unternehmen als abeitgeberfreundlich anbot.
Somit wäre genug Stoff für ein "Schwarzbuch Aldi" geschaffen.
Quellen: Spiegel Ausgabe 44/2009
|